Konzeption 

"Grenzen überschreiten"

Kieler Projekt zur Jugendbegegnung

 Mai 1993 erregte das Kieler Begegnungsprojekt zwischen türkischen und gewaltbereiten deutschen Jugendlichen aus Rostock und Hojerswerda bundesweit Aufsehen. Jetzt gibt es ein ebenso ungewöhliches Neu-Projekt: Diesmal kommen alle beteiligten Jugendlichen aus Kiel. Unter dem Motto 'GRENZEN ÜBERSCHREITEN' sollen deutsche und ausländische Jugendliche aus verschiedenen Stadtteilen Kiels Vorurteile und Ängste überwinden und einen friedlichen Umgang miteinander praktizieren. 

Wie es dazu gekommen ist:

Ausgehend vom Kieler Friedensweg im Juni 1993 entstand eine Gruppe "Kultur und Politik", die sich regelmäßig im Deutsch-Türkischen Volkshaus traf. Daran nahmen neben den Progresiven türkischen Arbeitnehmerverein, der die Teiltägerschaft für das Deutsch-Türkische Volkshaus in Kiel-Gaarden innehatte, Vertreterinnen und Vertreter der christlichen Kirchen in Kiel,  stätische und freie Träger der Jugendarbeit, andere interkulturell und sozial engagierter Einrichtungen und Vereine teil.

Dann kam das Thema "Jugendbegegnung" und damit der Wunsch, über die Vernetzung zur Begegnung zu kommen. Mit anderen Worten: nicht nur Informationen austauschen und Probleme besprechen, sondern auch gemeinsam handeln. Das Kieler Projekt zur Jugendbegegnung "Grenzen überschreiten" war geboren. Genährt wurde es durch die Idee, im Lauf des Projektes mit interessierten Jugendlichen in die Türkei zu reisen.

 Was wir erreichen wollen:

In der täglichen Jugendarbeit wird deutlich, wie verhärtet die Fronten sind: Die Jugendlichen einzelne Stadtteile igeln sich ein, haben Angst, einen Jugendtreff im anderen Stadteil zu besuchen, glauben sogar, sich für solch einen Ausflug bewaffnen zu müssen. Durch Unkenntniss wachsen sich Vorurteile zu einer massiven Schwellenangst aus, die ein Klima von Gewalltbereitschaft schaftt.

Persönliche Begegnungen sind bekanntlich der beste Weg, auf dem man lernen kann, sich trotz unterschiedlicher Kultur und Lebensweise zu verstehen und akzeptieren. Schritte auf diesem Weg: Kennen-, Auseinandersetzen- und Verstehenlernen. Auf diesen Weg wollen wir uns begeben. Dabei sollen Grenzen überschritten werden, die man sonst selten passiert:

- Grenzen zwischen Stadtteilen und sozialen Gegebenheiten

- Grenzen zwischen Einrichtungen und Gruppen, in denen Jugendliche sich treffen

- Grenzen, die durch unterschiedliche Überzeugungen oder Religionen entstehen

- Grenzen zwischen Menschen kulturell und national unterschiedlicher Herkunft

 Wen wir erreichen wollen:

Alle Jugendlichen in Kiel ab 14 Jahren über die Einrichtungen, Vereine und Kirchengemeinden, die sie besuchen; dabei hoffen wir auf die Beteiligung der hauptamtlichen Mitarbeiter(innen) und der ehrenamtlichen Jugendleiter(innen). Wir sind auf Ihre Mitarbeit angewiesen  und sie sind es, die Ihre Erfahrungen weitergeben. 

Wie wir das Projekt finanzieren wollen: 

Die ersten Reaktionen klingen interessiert bis begeistert; so erwarten wir, daß viele Institutionen an dem Projekt teilnehmen werden. Die Zahl der Jugendlichen ist begrenzt; so müßten auch genügend Mittel zur Unterstützung des Projektes aufzutreiben sein. Dazu kommen öffentliche Fördermittel z.B. für Jugendreisen und internationale Begegnungen. Die Eigenbeiträge für die Jugendlichen sollen möglichst niedrig gehalten werden.

Finanzaktionen über ein Unterkonto des Progressiven Türkischen Arbeitnehmervereins, Stichwort "Grenzen überschreiten"  

Wissenschaftliche Begleitung/Auswertung: 

Eine Begleitung und Auswertung der Ergebnisse durch Wissenschaftler (Psychologen, Pädagogen, Soziologen) wäre wünschenswert. Von der Pädagogischen Hochschule Kiel haben Studenten Interesse bekundet, das Projekt zu begleiten und evt. ihre Diplomarbeit über das Projekt zu schreiben. 

Videoaufnahmen: 

Videodokumentation ist sehr wichtig, weil sie sich besonders eignet, um hinterher auszuwerten und die Erfahrungen in kleinen Gruppen an andere weiterzugeben. Daher: aus den TeilnehmerInnen soll eine Gruppe gebildet werden (z.B. Kiste/Mettenhof + St.Markus/Gaarden). Kameras und Recorder sind vorhanden, Schneiden ist im Offenen Kanal möglich.Die Medienwerkstatt in Elmschenhagen hat Unterstützung zugesagt. Sie wollen die Interesierten Jugendlichen durch eine Wochenendausbildung vorbereiten und während der Aufnahmen und Schneiden uns begleiten. 

Wie das Projekt laufen soll: 

1. Kennlernphase: Wochenendseminar mit Freizeitaktivitäten

Im Rahmen des Kieler Projekts zur Jugendbegegnung " Grenzen überschreiten" werden wir ein gemeinsames Wochenendseminar mit Jugendlichen aus verschiedenen Stadtteilen Kiels durchführen, die Interesse an der Begegnung haben. Auf diesem Seminar und Freizeit gestalten die Jugendlichen gemeinsam mit ihren BetreuerInnen die Stadtteilbegegnungen. Dazu tun sich die verschiedenen Gruppen aus einem Stadtteil zusammen und machen ein Programm mit Veranstaltungen, zu dem sowohl die Gäste aus den anderen Stadtteilen als auch die Jugendlichen aus dem eigenen Stadtteil eingeladen werden.

Ziel des Seminares ist: die Jugendlichen in das Projekt vorzubereiten und einzubinden, die Interesse an der Begegnung und der anschliesenden Türkeifahrt haben.  

2. Begegnungsphase: Stadtteilveranstaltungen

Die Jugendlichen, die am Begegnungswochenendseminar  teilnehmen und Interesse an der Türkeifahrt haben, ge­stalten die Begegnungsphase gemeinsam mit ihren Betreuer/innen. Dazu tun sich die ver­schiedenen Gruppen aus einem Stadtteil zusammen und machen ein Programm. Zu den Veranstaltungen, die sie durchführen, werden sowohl die Gäste aus den anderen Stadtteilen eingeladen als auch die Jugendlichen aus dem eigenen Stadtteil, die nicht aktiv an der Begegnung teilnehmen und nicht mit in die Türkei fahren. Vorgeschlagen sind Angebote wie Stadtteilrallye, Disco, Vorführungen, Essen, Diskussionen usw.   (Zeitraum: zwischen Osterferien und Herbstferien) 

3. Austausch:

kurz vor den Sommerferien könnten Jugendliche für einen Tag, eine Nacht oder länger die Plätze tauschen (Schule, Ausbildungsplatz, Familie usw.); die hauptamtlichen Jugendleiter(innen) helfen bei der Vorbereitung und zur Begleitung

 4. Vertiefungsphase: Gesprächsabende (Vorbereitung zur Fahrt in die Türkei):

Nach den Sommerferien treffen sich die Jugendlichen, die gemeinsam in die Türkei reisen wollen, um sich vorzubereiten

5. Reise in die Türkei:

In den Herbstferien findet die Reise (für ca. 30 Jugendliche) statt; Herr Sahabettin Atli von der Progressive Türkische Arbeitnehmerverein hat bereits Erfahrung mit der Durchführung solcher Jugendreisen und hat mit Absprache der Pfadfindern in der Türkei ein Programm ausgearbeitet. Ein Gegenbesuch von Pfadfindern aus der Türkei ist für 1996 angestrebt.  

6. Ausklang:

Wir hoffen, daß die Kieler Jugendbegegnung weitergeht; Gruppen können sich besuchen oder gemeinsame Veranstaltungen durchführen; Freundschaften entstehen, die Grenzen überwinden; vielleicht gibt es im nächsten Jahr wieder ein Projekt...

   (Dipl. Päd.) Şahabettin Atlı                                             Pastor Tilman Lautzas